Die Sandsteine der Wealden-Stufe „Bückeberg-Formation“ wurden in etlichen Brüchen zwischen Bentheim und dem Harzvorland – auch im Osterwald – gewonnen. Als begehrter Baustoff fanden sie Verwendung für viele Bauten der Weserrenaissance und der Gründerzeit. Verschifft über Bremen, erlangte der Obernkirchener Sandstein sogar Weltgeltung. Sandsteine aus dem Osterwald dienten in Hamburg zum Bau der Sankt Nikolai Kirche, des Verwaltungsgebäudes der Hamburg-Amerika-Linie und vieler Bankhäuser. In Hildesheim errichtete man die „Fünfbogenbrücke“ und das Tempelherrenhaus aus diesen Steinen, in Kiel die Halle des Leuchtturmes an der Holtenauer Schleuse, in Hannover Teile des neuen Rathauses.

Die Fünfbogenbrücke bei Hildesheim

Auch beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg bestand großer Bedarf an Sandsteinen aus dem Osterwald. Für den „Fruchthof“ in Bremen wurden auf einer 1954 in Dörpe in Betrieb genommenen Steinsäge 2.000 Quadratmeter Osterwalder Sandsteinplatten als Wandkleidung hergestellt. Die Gattersäge zerschnitt die Sandsteinblöcke in Platten von drei bis 30 Zentimetern Stärke, die dann poliert wurden. Auch für die Gebäude der Landwirtschaftskammer und des Wirtschaftsministeriums in Hannover lieferte der Osterwald Steine.

Die im Osterwald vorgefundenen Sandsteine verwendeten die Bewohner der umliegenden Dörfer vermutlich schon im Mittelalter für die unterschiedlichsten Zwecke. So kaufte die Stadt Hildesheim im frühen 15. Jahrhundert Findlinge, um daraus steinerne Kanonenkugeln für die Stadtverteidigung herstellen zu lassen. Die meisten Steinbrüche in der Osterwalder Gemarkung dürften hingegen im 19. Jahrhundert angelegt worden sein, zumal nach dem Bau der Eisenbahn auch Interessenten in größerer Entfernung beliefert werden konnten und somit die Nachfrage wuchs. Die Ära der Osterwalder Steinrüche endete in den 1960er Jahren.

Bremserhaus am Mühlsteinbruch im Osterwald

In der Gemarkung Osterwald gab es sieben Sandsteinbrüche: den Bärensteinbruch, den Jägerhüttenbruch, die Kleine Wiese, den Mühlensteinbruch, den Illemannschen Steinbruch, den Unteren und den Oberen Steinbruch. Letzterer lag weit von den Ortschaften Osterwald und Mehle entfernt, sodass die Steinhauer und Tagelöhner dorthin einen langen Weg zurückzulegen hatten und während der Wochentage oftmals im Steinbruch übernachteten. Im Volksmund wurde dieser Bruch daher bald Sankt Avold – oder auf Plattdeutsch „Sanktivol“ – genannt. Sankt Avold war eine Garnisonstadt im damals deutschen Lothringen, in der auch Osterwalder Rekruten ausgebildet wurden. Die Anspielung auf den Namen bezog sich auf die Entfernung der Garnisonstadt und des Steinbruchs von der Ortschaft. Die drei Kalksteinbrüche im Osterwald hießen: Rote Kuhle, Kalksteinbruch westlich des Dreisches und Heises Steinbruch.

Um das Jahr 1880 entdeckte ein hessischer Steinmetzmeister, dass sich aus dem harten Wealdensandstein hervorragende Pflaster- und Bordsteine verfertigen ließen. Dafür konnte man auch kleinere Steine verwenden, die sonst auf Abraumhalden lagerten. Alle Steinbruchbetriebe stellten ihre Produktion schnellstens um. Die Nachfrage war so groß, dass fremde Steinmetze aus allen Teilen Deutschlands, aus Österreich und Italien angeworben werden mussten. Um die Jahrhundertwende fanden über 600 Arbeiter in den Steinbrüchen Lohn und Brot.

Neben den Pflastersteinen lieferten die Steinbrüche Polygonalsteine, Packlagen und Randsteine, Bau-, Werk- und Mühlsteine sowie Futterkrippen, Quadersteine, Gesimse und Figuren. Während die einfachen Produkte wie Pflastersteine in den Steinbrüchen hergestellt wurden, gab es für die aufwendigeren Arbeiten Steinhauerplätze. Sie lagen an den Bahnhöfen von Mehle und Osterwald.

Lohntüte eines Steinhauers aus dem Jahr 1927